Jung schwul se berlin

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In der Performance "Post Daddies" erzählen die in Tel Aviv geborenen Künstler:innen Ariel Nil Levy und Noam Meiri von ihrem bewegten Leben — und wollen so eine Brücke zwischen den Generationen queerer Menschen bauen. Von Christopher Ferner. Wer sich in den Berliner Szene-Clubs auf queeren Partys herumtreibt, trifft auch auf sie: normschöne schwule Männer.

Oberkörperfrei dominieren sie die Tanzflächen und festigen das Klischee des jungen und durchtrainierten Homosexuellen. Dieses Klischee wird vielfach verstärkt — zum Beispiel durch Profilbilder halbnackter Männer in den Datingapps oder der Repräsentation von Schwulen in den Medien.

Das bleibt nicht ohne Folgen: Das Magazin "Attitude" hat seine überwiegend homosexuellen Leser danach befragt, wie sie zu ihrem eigenen Körper stehen. Ein Druck, dem sich auch ältere schwule Männer ausgesetzt sehen. Und so trifft man in den besagten Berliner Szeneclubs — wenn auch in geringerer Anzahl — ebenso auf durchtrainierte Kerle im mittleren Alter mit grauem Haar — auf sogenannte Silver Foxes, zu Deutsch silberne Füchse.

Es sind diese silbernen Füchse, mit der die Uraufführung der Performance "Post Daddies" im Heimathafen Neukölln beginnt. Die Sprecherstimme erklärt, was diese muskelbepackten Kerle so attraktiv mache: natürlich deren Reife und intellektuelle Aura. Und dann betritt Ariel die Bühne.

Die Schauspieler:in entspricht so gar nicht dem Bild der zuvor gezeigten grauhaarigen Füchse. Sie trägt eine bunte Langhaarperücke und präsentiert stolz ihren Bauchansatz. Die Silver Foxes auf der Wand im Hintergrund sind mittlerweile verschwunden. Dafür werden die Zuschauer:innen in eine Berliner Schwulensauna katapultiert.

Nachdem Ariel kurz im Darkroom der Sauna verschwindet, kommt sie zurück; trägt mittlerweile keine Perücke mehr, sondern Schuhe, eine Unterhose und darüber ein lachsfarbenes Handtuch. Die beiden sind alte Freunde; kennen sich aus ihrer gemeinsamen Heimat Tel Aviv. Während sie anfangs belanglosen Smalltalk führen, singen sie bald schon über die Historie ihrer sexuellen Erfahrungen.

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Zu wummernden Technobeats und rotem Licht berichten die Performer:innen über Sex, drogenreiche Partys, Gloryholes und Orgien in Paris, London und Stuttgart. Sie berichten von ihrem Leben, das dem Klischee des sexhungrigen, hedonistischen schwulen Mannes in Berlin zu entsprechen scheint.

Zum Schluss dieses Aktes wird es jedoch ernst: Ariel erinnert sich an einen persönlichen Schicksalsschlag: " Robert, ein Herzchirurg. Wir waren zwei Jahre zusammen. Er starb bei einem Autounfall". Noam wiederum erzählt von einem Libanesen, mit dem er drei wundervolle Monate verbracht hatte, bevor dieser von einem auf den anderen Tag abgeschoben wurde.

Vor allem aber ist es eine atemberaubende One-Woman-Show für Lina Beckmann. Beim Theatertreffen gab es Standing Ovations. Von Fabian Wallmeier. Ariel Nil Levy und Noam Meiri lassen in dieser Performance ihr Leben Revue passieren und greifen dabei zahlreiche gesellschaftspolitische Themen auf.

Den beiden Künstler:innen und dem Regisseur, Konstantin Achmed Bürger, kam die Idee für das Stück bei einem Abend, an dem sie sowohl mit älteren Queers als auch jüngeren schwulen Männern unterwegs waren. Bürger sagt: "Der eigentliche Impuls war — und das Überraschende für mich — mit welchem Staunen und welcher Neugierde die jüngeren anwesenden Queers unseren Geschichten aus einer analogen Welt zuhören und wie wenig die darüber wusste.

Da gibt es eine Kluft. Wir wissen so wenig voneinander.